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AutorenbildEva Stengel

Georg Kanz: „Vielfalt im Forst bedeutet Leben und Zukunft“

Wenn man das Video sieht, welches unter www.pinwald.com das Projekt von Georg Kanz vorstellt, prägt sich ein Satz ein: "Alles was zum Leben gehört". Der junge Mann aus Kärnten, der seinen Hof – unweit von Klagenfurt - mit dazu gehörigem Wald nun in 4ter Generation führt, hat eine Vision: Seine Wald- und Wiesenflächen so zu gestalten, dass sie ein möglichst vielfältiges, reiches Abbild der Natur wiedergeben.



Georg Kanz, geb. 1991, hat Forstwirtschaft und Forstwissenschaften studiert. Er arbeitet als Referent in Wien am Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie. Dort beschäftigt er sich mit Themen rund um Biodiversität, Natur- und Klimaschutz, Wald- und nachhaltige Waldbewirtschaftung. Das Thema Miniwildnis begeistert ihn.

  

Blick von oben auf die Kanzsche Heimat bei Klagenfurt

Zirka 70 ha umfasst das Gelände, das zum Hof gehört – mitten in einer wunderschönen, aber von jeher stark land- und forstwirtschaftlich genutzten Gegend. Seine Großeltern bewirtschafteten den Hof noch konventionell, der Vater wurde Tierarzt und hat dem Sohn inzwischen den Hof samt Liegenschaften überschrieben.

Schon als Kind war Georg Kanz von der Natur begeistert. Man gab ihm eine Ecke im Garten, wo er mit der ganzen Vielfalt der Pflanzen um ihn herum ein kleines Versuchsfeld anlegte. „Vielfalt schaffen“ wurde fortan zu seinem Lebensmotto.


Jede Baumhöhle ist bewohnt

Der 41 Hektar große Wald, der zu seinem Land gehört, ist stark von der überall vorherrschenden Fichtenmonokultur geprägt. Georg Kanz tut alles, um ihn nach und nach so naturnah wie nur irgend möglich umzugestalten. Bäume, die Strukturen wie Zwieselwuchs und Astlöcher aufweisen und mögliche Bruthöhlen und Unterschlupf für Tiere bieten, dürfen bleiben. Schösslinge und junge Bäume sorgen für Verjüngung. Totholz ist ausdrücklich erwünscht: Als Habitat für Flechten, Moose, Farne, Pilze und Lebensgrundlage zahlloser anderer Tiere in Folge. Verschiedene Wildtiere leben im Wald – Georg Kanz versucht trotz Einfluss von Rot- und Rehwild auf noch seltene Baumarten wie die Weißtanne, diese aufzubringen und wieder zu etablieren. Das gelingt mit Schutzmaßnahmen für Einzelbäume sowie dem Pflanzen und Zulassen von anderen Bäumen und Sträuchern, auf die das Wild dann ausweichen kann.  Einige Quellen im Wald sorgen dafür, dass ein natürlich entstandener Teich bisher nie austrocknete -  dort finden Amphibien und Reptilien wie die Ringelnatter ihren Lebensraum. 


Uralte Bäume im naturnahen Wald

Große Habitatbäume bestimmen das Bild. Fichten, die den Boden zu sehr beschatten und damit den Waldumbau erschweren werden entnommen. Neupflanzungen erfolgen überall auf dem Kanz´schen Besitz - stets durch einheimische und standortgerechte Baumarten. Wobei auch mancher Versuch mit Blick auf den Klimawandel unternommen wird. Die Auswahl an Bäumen trifft Georg Kanz mit Hilfe der österreichischen Baumartenampel.

(Neues BFW-Tool: Ampelsystem erleichtert Baumartenwahl - BFW). Auch Versuche werden unternommen: Beispielsweise mit dem Speierling - einer alten, akut gefährdeten österreichischen Ebereschenart - die eigentlich eher in den Weinbaumregionen zu Hause ist, aber vor Ort inzwischen gut gedeiht.

Stieleichen fühlen sich ebenfalls wohl. „Try and error“ lautet zwar der Grundsatz, aber mit dem vollständigen Verzicht, fremdländische Bäume anzusiedeln. „Ich denke dabei an die Co-Evolution und die Flora und Fauna, die hier seit Jahrtausenden oder noch viel länger mit-  und von unseren heimischen Bäumen leben. Nur Generalisten haben eine Chance, sich an Exoten anzupassen, die Spezialisten verschwinden dann noch schneller.“ Und weiter:
 „Den Wald komplett sich selbst zu überlassen – also hier überall Wildnis zu schaffen - wäre natürlich auch möglich – die Prozesse würden dann aber Jahrhunderte dauern. Wir Menschen setzen den Wald durch die von uns verursachte Klimakrise unter Druck. Deshalb helf´  ich etwas nach, manches zu beschleunigen und zu erhalten – vor allem die Bestockung … so dass große Bäume wachsen und dauerhaft bleiben. Stabilität und Diversität sind die Ziele, nach denen der Wald bewirtschaftet wird.“

Die Ausnahme: In einer Senke gibt es ein ca. 1 Hektar großes Waldgrundstück, an dem es von jeher keinerlei Spuren von menschlichen Eingriffen gibt - der schwer zugänglichen Lage geschuldet. Diese echte Miniwildnis soll auch weiterhin sich selbst überlassen bleiben. Sie wird seit Januar 2024 wissenschaftlich untersucht und begleitet durch ein Team von Projekt connectForBio – Trittsteinbiotope.at.


In diesem ganz besonders urtümlichen Abschnitt des Waldes finden sich Bergahorn, Esche, Birke, Haselnuss und viele andere Baum- und Straucharten. Seltene Orchideen und Schneerosen, Schwämme, Pilze, Flechten gedeihen hier. Totholzbewohner fühlen sich natürlich erst Recht wohl – sie finden auf diesem Teil des Geländes perfekte Bedingungen. Wie die vielen Spechte, andere Vögel und weitere Tiere, die sich von ihnen ernähren.

Auf weiteren 30 Hektar Land sind noch eine Wildwiese, eine Streuobstwiese und eine Wiese bestückt mit zahllosen Frühblühern zu bewundern. Dazu die 2 Hektar, die dem über die Landesgrenzen hinweg bekannten Pinwald gewidmet sind: Reihenweise wurden schon Bäume, die durch Baumpatenschaften erworben werden können, gesetzt – bisher über 50 heimische Gehölzarten. Ein bunter Mischwald soll hier in den kommenden Jahrzehnten entstehen, jeder einzelne Baum wurde einer Person, einem Anlass gewidmet. Die Bäume wurden in Reih und Glied gepflanzt – nicht zur Freude aller. „Das hat aber schon seinen Sinn“, so Georg Kanz. „Dadurch kommt viel Licht an den Boden und die Fläche kann in den ersten 10-20 Jahren auch noch als Blühfläche verwendet werden.“ Die Bäume wurden nämlich in größerem Abstand gepflanzt – im Abstand von 3-5m. Einmal im Jahr – nicht vor dem 15. Juli - erfolgt die Mahd mit einem insektenschonenden Balkenmäher.


Auf den Wildwiesen tummeln sich zahllose Insekten
Seine Lebensgefährtin und einige Freunde helfen mit. „70 Hektar im Nebenberuf zu betreuen, ist schon eine Aufgabe.“ Dass die Bäume in Reih und Glied stehen - das Braunkehlchen stört das jedenfalls nicht. Dieser reizende Singvogel aus der Gattung der Wiesenschmätzer (auch in Österreich stark gefährdet) fühlt sich hier ausgesprochen wohl und hat inzwischen sogar gebrütet.

 Neben dem Braunkehlchen wurde im Naturwald eine - gleichermaßen inzwischen extrem seltene - Eule gesichtet.  Ein Habichtskauz, der vor allem alte Bäume mit Höhlen zum Überleben braucht. „Solche Erfolge zeigen mir, dass ich auf dem richtigen Weg bin“ sagt Georg nicht ohne Stolz. Trotz aller Widerstände und Vorurteile, mit denen er immer wieder zu kämpfen hat. Unbeirrt geht er weiter seinen Weg, um seine Vision von einer Welt umzusetzen, in der die Natur wieder ihren Platz erhält – in ihrer ganzen Vielfalt.



Mehr Infos zu Georg Kanz und seinen Projekten unter www.pinwald.com 


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