Teil I der Serie: Öko-landwirtschaftliche Familienbetriebe aus Ostwürttemberg stellen sich vor.
Bis zum Jahr 2030 soll der Ökolandbau im "Ländle" laut Landwirtschaftsminister Peter Hauk von bisher 13 auf 40 Prozent ausgebaut werden. In der Region Ostwürttemberg gibt es bereits einige Landwirte und Landwirtinnen, die zeigen, wie dies gelingen kann.
Von oben links nach unten rechts: Einige Bio-Landwirte aus der Region Heidenheim und Ostalbkreis: Familie Thierer, Familie Brenner, Michael Abele, Familie Schneider/von Wöllwarth
"Die Entscheidung auf Ökolandbau umzustellen war richtig!"
Für Familie Brenner in Engelhardsweiler, Familie Thierer in Herbrechtingen, Familie Abele in Herbrechtingen, Familie Schneider/von Wöllwarth in Hohenroden/Essingen ist es sonnenklar: „Diese Entscheidung war richtig!“ Gemeint ist die Umstellung ihrer landwirtschaftlichen Familienbetriebe auf Ökolandbau. Wie diese sollen in Baden-Württemberg in den nächsten zehn Jahren weitere Landwirte auf die biologische Landwirtschaft setzen. Freiwillig. Denn das politische Bestreben ist es, bis 2030 jeden 3. Hektar Anbaufläche in Baden-Württemberg nach Ökostandards zu bewirtschaften. Dieses konkrete Ziel verkündete Landwirtschaftsminister Peter Hauk im Zuge der Verhandlungen zum Volksbegehren Artenschutz „Rettet die Bienen“ im Winter 2019. Bei heutigen 14 Prozent im Ländle wäre das mindestens eine Verdoppelung der Fläche.
Umstellung von konventionellem auf biologische Landwirtschaft erfordert Mut und Ausdauer!
Zur Unterstützung des Zieles und zur Stärkung des Ökolandbaus wurde im Juli 2020 der Aktionsplan Bio mit einer Vielzahl an Maßnahmen, Aktionen und Projekten vom Land Baden-Württemberg weiterentwickelt. Die Bio-Musterregionen sind eine Maßnahme aus diesem Portfolio. Mit dem Ausbau des Aktionsplans Bio gibt das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz einen wichtigen Impuls in die richtige Richtung. Herausforderungen wie Corona und die globalen Versorgungsstrukturen führen deutlich vor Augen, dass ein zukunftsfähiger Ausbau der heimischen Landwirtschaft mehr denn je von Nöten ist.
Im Ostalbkreis liegt der Anteil aktuell bei ungefähr neun Prozent, im Landkreis Heidenheim bei zwölf Prozent. Viele Bäuerinnen und Bauern sind bereit auf Ökolandbau umzustellen, sie fürchten jedoch ein Absatzproblem. Eine Umstellung auf biologische Landwirtschaft erfordert Mut, Bereitschaft und Investitionen. Nicht nur für die Landwirte!
Eine simple Rechnung offenbart: Mehr Bio auf dem Acker bedarf auch viel mehr Bio auf den Tellern.
Die maßgebliche Frage: Sind Verbraucher und Politiker bereit, ihren Beitrag zum Klima- und Artenschutz zu leisten und einen Umbau in der Landwirtschaft mitzutragen?
Ich habe - gemeinsam mit Johanna Böll von der Bio Musterregion Heidenheim Plus - die Familien Bio-landwirtschaftlicher Betriebe vor Ort besucht und ausführlich mit ihnen gesprochen – auch um ihre Erfahrungen mit der Umstellung von konventioneller auf ökologische Landwirtschaft zu sammeln. Eines ist allen bisher Befragten gemeinsam: Sie zeigen eine tiefe Zufriedenheit mit ihrem Tun!
Qualität vor Quantität
Deutlich wurde in den Gesprächen, dass besonders die ersten Jahre der Umstellung mühsam sind. Denn in der Biolandwirtschaft erfolgt der Pflanzenschutz vorbeugend und mechanisch mit Geräten, nicht mit chemisch-synthetischen Spritzmitteln. Das bedeutet einen Mehraufwand an Zeit und Arbeitskraft. Zudem bauen Betriebe mit Tierhaltung das Futter für ihre Tiere auf den eigenen Flächen an. Oder gehen Kooperationen mit Bio-Landwirten aus ihrer unmittelbaren Umgebung ein. Diese Maßnahme begrenzt die Menge der gehaltenen Tiere automatisch auf die Anzahl, die eigenhändig versorgt werden kann.
Da die Flächen dadurch „belegt“ sind, kann der Bauer sie nun nicht mehr nutzen, um dort Marktfrüchte wie Kartoffeln oder Speisegetreide anzubauen, die weitere Einnahmen garantieren würden. Im Vordergrund steht in der biologischen Lebensmittelerzeugung das Prinzip: Qualität vor Quantität. Bisher können noch Einnahmeverluste durch den höheren Preis für Bio-Lebensmittel ausgeglichen werden.
Nun wurden sie endlich in Baden-Württemberg verabschiedet: Die Gesetzesänderungen für mehr Artenschutz. Betroffen sind davon auch Landwirte: 40-50 Prozente weniger Pestizide sollen künftig auf den Äckern landen. Dabei machen jetzt schon viele Bio-Landwirte vor, dass es auch komplett ohne geht.
Öko-Landwirtschaft bietet viele Chancen: "Wir sind raus aus dem Hamsterrad der Spritzerei!"
Auch in Sachen Artenvielfalt wird beim vermehrten Anbau von heimischem Futter in Form von Eiweißpflanzen wie Ackerbohnen, Erbsen oder Lupinen gepunktet. Denn dieser erweitert die Vielfalt der angebauten Kulturen und erhöht somit die Biodiversität auf dem Acker. Zudem wirkt sich dies auch positiv auf den Klimawandel aus.
Je mehr Landwirte ihr Tierfutter wie im Bio-Landbau selbst anbauen, desto weniger Soja muss aus Südamerika importiert werden, wo es zumeist unter wenig nachhaltigen Bedingungen angebaut wird
Verdrängung von Waldflächen und Siedlungen, der Einsatz von Spritzmitteln oder Monokulturen sind die Folgen - mit katastrophalen Folgen für die indigenen Völker vor Ort und das Weltklima! Bisher ist Soja aus Übersee für die Erzeugung von Fleisch in der konventionellen Landwirtschaft aber auch für die Gewinnung von Öl immer noch ein wichtiger Bestandteil. „Alles hängt mit allem zusammen. Wenn wir ernsthaft unsere Tier- und Umwelt schützen wollen, muss die Politik in der Landwirtschaft dafür sorgen, dass die Rahmenbedingungen stimmen. Und wir müssen als Verbraucher darauf achten, was in unseren Kühlschränken und auf unseren Tellern landet!
Alle vier bisher besuchten Landwirte und Landwirtinnen sind sich in einem Punkt einig: "Die Verwendung von Pflanzenschutzmitteln führt in einen Kreislauf von Abhängigkeiten. Und es geht sehr wohl auch ohne Insektizide und Pestizide - die Natur zeigt wie!"
Auch in Sachen Klimaschutz wird beim vermehrten Anbau von heimischem Futter in Form von Eiweißpflanzen wie Ackerbohnen, Erbsen oder Lupinen gepunktet. Denn dieser wirkt sich positiv auf die Vielfalt der angebauten Kulturen aus und erhöht somit die Biodiversität auf dem Acker.
Wir sind, was wir essen!
So unterstützen Sie Agrarwende, Artenvielfalt, Tierwohl und das Überleben landwirtschaftlicher Familienbetriebe!
Bereichern Sie Ihren Speisezettel so oft es geht mit bio-regionalen Lebensmitteln.
Reden Sie mit Bekannten, Freunden und Ihrer Familie über die Herkunft der Lebensmittel, die sie kaufen.
Fragen Sie im Supermarkt nach bio-regionalen Lebensmitteln. Kaufen Sie so oft es geht auf dem Markt oder direkt in den Hofläden.
Seien Sie grundsätzlich bereit, mehr für Lebensmittel und vielleicht etwas weniger für sonstigen Konsum auszugeben: Qualität muss seinen Preis haben!
Besuchen Sie Ihre Landwirte vor Ort und erfahren Sie, wie Ihre Lebensmittel produziert werden!
Informieren Sie sich darüber, welche politischen Entscheidungen, Herkunft, Qualität Ihrer Lebensmittel und die Landwirtschaft wie beeinflussen.
Unterstützen Sie entsprechende Initiativen (https://www.aurelia-bienenundbauern.de und
https://www.aktion-agrar.de machen sich zum Beispiel stark für eine bäuerliche ökologisch verträgliche Landwirtschaft)
Und alle die eine Kantine führen, tun Gutes für sich, MitarbeiterInnen, Kunden und Kundinnen, wenn sie auch bio-regionale Lebensmittel mit in´s Menü aufnehmen.
Wer mehr über die Biomusterregion Heidenheim Plus erfahren möchte: https://www.biomusterregionen-bw.de/,Lde/Startseite/Bio-Musterregion+Heidenheim+plus
In den kommenden Folgen werden die besuchten Familien jeweils im Einzelportrait vorgestellt!
WIR TUN WAS! www.sinnvoll-handeln.org www.dastunwir.de
Fotos: Eva Stengel, Johanna Böll
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