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AutorenbildEva Stengel

"Wir sind glücklich, wenn unsere Schweine glücklich sind"

Teil II der Serie: Öko-landwirtschaftliche Familienbetriebe aus Ostwürttemberg stellen sich vor .


Der Lautenhof in Engelhardsweiler von Familie Brenner wird in dritter Generation betrieben. 2016 stellten die Brenners ihre Ferkelzucht von einem bisher konventionellen Betrieb auf ökologische Wirtschaftsweise nach Bioland-Richtlinien um. So kam es dazu:

Familie Brenner zieht Ferkel nach Bioland-Richtlinien auf

Der 52 Hektar große Familienbetrieb der Brenners liegt im Örtchen Engelhardsweiler. Das Schild mit dem Bild einer lächelnden Kartoffel und dem Bioland-Siegel weist auf den Hofladen des Lautenhofes hin, wo Eier, Kartoffeln, Hausmacherwurst und gelegentlich Schweinefleisch angeboten werden.


Brenners bilden auf ihrem Hof einen Teil der Schweinezucht ab. Mit ihrer Arbeit sorgen sie dafür, dass die Ferkel, die die Muttersauen innerhalb von exakt drei Monaten, drei Wochen und drei Tagen austragen, streng nach Bioland-Richtlinien optimal aufwachsen.

Zum Biohof der Familie Brenner gehören 170 Muttersauen, die Ferkel, Felder, 180 Hühner mit drei Hähnen, der Hofhund und einige Katzen.




Schweine sind intelligent, verspielt, sozial und von Natur aus sehr reinlich

Im offenen, vorgelagerten Stallbereich tummeln sich neun Wochen alte Ferkel hüpfend, rennend, fressend und verspielt in einer tiefen Lage Stroh. Ganz entspannt wirken die Muttersauen in den geräumigen Stallungen, deren Besonderheiten Alois Brenner (55) und seine Frau Ingrid (46) erklären: „Wir halten die Sauen auf Stroh. Es gibt beheizte und unbeheizte Innenbereiche. Wenn die Tiere raus möchten, öffnen sie selbständig die kleinen Tore zu den Außenställen.“


Über Schweine weiß man: Sie sind intelligent, lebhaft, haben erwiesenermaßen ein Gedächtnis, eine räumliche Vorstellung, unterschiedliche Charaktere. Sie sind lernfähig und leben gerne im Verbund. „Stimmt alles! Schweine sind dazu noch – wenn sie die Möglichkeit haben, äußerst reinliche Tiere.“ bestätigt Ingrid Brenner.


Eine Muttersau bekommt im Schnitt 23 Ferkel im Jahr. Im Alter von drei Monaten werden die Ferkel (der Rassen Duroc und Topig) dann zum Bioland Partner-Mäster gebracht. Der mästet die Tiere weitere fünf Monate, bis sie ihr Schlachtgewicht von ca. 140 kg erreicht haben.


Sohn Andreas (24): "Früher wollte ich von unserer Landwirtschaft nichts wissen, heute stehe ich zu mehr als 100% hinter dem neuen Konzept und werde den Hof übernehmen!"

Im Wohnzimmer der Brenners hängen Familienbilder, die an die Hofgeschichte erinnern. „Ich habe den Hof von meinem Vater, er hat ihn vom Großvater übernommen. Wir haben zwei Söhne und eine Tochter. Als wir noch konventionell arbeiteten, wollte keiner den Hof übernehmen“, erzählt Alois Brenner. Das hat sich geändert, macht Sohn Andreas Brenner (24) deutlich: „Ich bin bald fertiger Landwirt. Hinter unserem neuen Konzept stehe ich noch mehr als hundert Prozent!“


Ein neues Konzept, das nicht von heute auf morgen umgesetzt werden konnte und mit den Herausforderungen in der konventionellen Ferkelzucht zusammenhing. „1991 fingen wir mit Schweinezucht an, davor lebten wir vom Milchvieh. Ab 1994 haben wir dann komplett auf Schweine umgestellt“, erinnert sich Alois Brenner. Die Schwierigkeiten folgten prompt: „2014 stürzte der Preis der Ferkel in den Keller. Wir standen vor der Entscheidung, immer billiger und mehr produzieren zu müssen. Wachse oder weiche. Und wenn wir noch größer geworden wären, hätten wir es nicht mehr geschafft.“



In einem Stallbereich sind im Hintergrund noch die Kastenstände zu sehen

Ein Ferkelvermarkter brachte die Familie auf die Idee, auf Bio-Landwirtschaft umzustellen. Die Brenners besuchten Seminare und sahen sich im In- und Ausland Bio-Betriebe an. Ab 2016 begann die Umstellung, die 2018 abgeschlossen war. „Wir wollten raus aus dem Hamsterrad und für unsere Arbeitsleistung einen gerechten Lohn.


"Und wir wussten, dass unsere Tiere zwar völlig dem Gesetz -, aber nicht ihrer Art entsprechend gehalten wurden. In den Kastenständen nach gesetzlicher Mindestgröße haben Schweine fast keine Bewegungsfreiheit“

Auch im Ackerbau sahen die Brenners durch eine ökologische Bewirtschaftung die Vorteile: „Vor der Umstellung hieß es mit Blick auf den Einsatz von chemischen Pflanzenschutz- und Düngemitteln immer: Jetzt muss das gespritzt werden, dann das. Ein ewiger Druck, ein ewiger Kreislauf. Bei unseren Besuchen bei den Bioland-Kollegen sahen wir, dass es eben auch anders geht.“ Was sie ebenfalls begeistert, sei der große Zusammenhalt unter den Biolandwirten. Man tausche sich aus, teile Wissen und bekomme Hilfe, wenn man Fragen hat. Was der Familie zusätzliche Sicherheit gegeben habe, war der Lieferanten-Vertrag mit EDEKA Süd-West über zehn Jahre.


Die Brenners bereuten die Umstellung nie: „In der Biolandwirtschaft lautet das Motto: Qualität statt Quantität. Man betreibt Kreislaufwirtschaft. Unsere Tiere bekommen zum größten Teil das Futter, das wir auch selbst produzieren können. Getreideschrot und Klee/Luzerne-Silage – kein Soja aus Südamerika! Es darf nicht vorbeugend mit Antibiotika behandelt werden, unsere Tierarztkosten sind seitdem gesunken. Vor allem ist uns das Wohl unserer Tiere ganz wichtig – sind die glücklich, sind wir glücklich!“ Alois Brenner über seinen Ackerbau: „Wir haben eine 7-teilige Fruchtfolge. Weizen, Sommergerste, Wintergerste, Triticale, Ackerbohne-Hafer-Gemenge, Klee-Luzernegras und Kartoffeln. Diese Vielfalt erhält die Bodengesundheit. Auf unsere Kartoffeln sind wir besonders stolz!“ Auch im Ackerbau sahen die Brenners durch eine ökologische Bewirtschaftung die Vorteile:


„Vor der Umstellung hieß es mit Blick auf den Einsatz von chemischen Pflanzenschutz- und Düngemitteln immer: Jetzt muss das gespritzt werden, dann das. Ein ewiger Druck, ein ewiger Kreislauf. Bei unseren Besuchen bei den Bioland-Kollegen sahen wir, dass es eben auch anders geht.“

Was sie ebenfalls begeistert, sei der große Zusammenhalt unter den Biolandwirten. Man tausche sich aus, teile Wissen und bekomme Hilfe, wenn man Fragen hat. Was der Familie zusätzliche Sicherheit gegeben habe, war der Lieferanten-Vertrag mit EDEKA Süd-West über zehn Jahre.


Der vorgeschriebene Verzicht auf Pflanzenschutzmittel sei gut machbar: „Da wir zu einem höheren Preis verkaufen können, machen wir den geringeren Ertrag wieder wett. Und schauen Sie unseren Acker an: Da wächst manch sogenanntes Unkraut, wie Kornblume und Mohn. Die sind aber für die Artenvielfalt sehr wichtig – gerade auch für Bienen! Wir haben zusätzlich mehrjährige Blühstreifen mit heimischem Bio-Saatgut angelegt. Die Wildbienen bauen ihre Bruthöhlen in die offenen Hänge daneben – da kann man zuschauen.“


Den Klimaschutz sind die Brenners ebenfalls gleich mit angegangen: Mit Photovoltaik und einer Hackschnitzelheizung. Der dort gewonnene Strom und die Wärme werden für die Beheizung der Ferkelställe genutzt. Wenngleich bei ihnen die Umstellung gut geklappt hat, sehen sie im Konsumverhalten und in der gesamten Landwirtschaft Handlungsbedarf.


Tür auf für eine artgerechte Schweinehaltung!
„Es muss sich viel ändern – und zwar schnell! Obwohl wir selbst gerne unser Fleisch essen, muss zum Beispiel der Fleischkonsum insgesamt runter – besseres Fleisch aus guter Haltung, dafür weniger“

Auch bei der Unterstützung landwirtschaftlicher Betriebe sieht Familie Brenner großen Handlungsbedarf: „Die Subventionen für Landwirte richten sich bisher nach der Größe des Betriebes. Sie sind ungerecht verteilt, es führt zum Ende der kleinen Familienbetriebe. In der Chemieindustrie gibt es außerdem starke Interessen, beim sogenannten Pflanzenschutz kein Umsteuern zuzulassen.“


Was aus Sicht der Familie dringend fehlt, sind mehr Metzger, die nach Biorichtlinien schlachten. Zudem hoffen die Brenners auf ein verstärktes Umdenken in der Gesellschaft:


„Wir würden uns wünschen, dass die Allgemeinheit noch mehr ein echtes Interesse an der Landwirtschaft zeigt und der Lebensmittelhandel könnte durch mehr Aufklärungsarbeit dazu beitragen.“

Der Lautenhof wird bereits als gläserne Produktion geführt. Das heißt hier kann direkt vor Ort erfahren und betrachtet werden, wo die heimischen Lebensmittel herkommen und was dahinter steckt. Alois Brenner ist überzeugt: „Bei Gesellschaft wie Politik braucht es die Einsicht, dass die Landwirtschaft existenziell notwendig ist.


"Ohne Landwirtschaft gibt es für uns Menschen keine Zukunft, so einfach ist das!“

Infos: Unter www.biolandbetrieb-lautenhof.de erfährt man mehr über Familie Brenner und den Lautenhof.



Fotos: Eva Stengel

So unterstützen Sie Agrarwende, Artenvielfalt, Tierwohl und das Überleben landwirtschaftlicher Familienbetriebe!
  • Bereichern Sie Ihren Speisezettel so oft es geht mit bio-regionalen Lebensmitteln.

  • Reden Sie mit Bekannten, Freunden und Ihrer Familie über die Herkunft der Lebensmittel, die sie kaufen.

  • Fragen Sie im Supermarkt nach bio-regionalen Lebensmitteln. Kaufen Sie so oft es geht auf dem Markt oder direkt in den Hofläden.

  • Seien Sie grundsätzlich bereit, mehr für Lebensmittel und vielleicht etwas weniger für sonstigen Konsum auszugeben: Qualität muss seinen Preis haben!

  • Besuchen Sie Ihre Landwirte vor Ort und erfahren Sie, wie Ihre Lebensmittel produziert werden!

  • Informieren Sie sich darüber, welche politischen Entscheidungen, Herkunft, Qualität Ihrer Lebensmittel und die Landwirtschaft wie beeinflussen.

  • Unterstützen Sie entsprechende Initiativen (https://www.aurelia-bienenundbauern.de und

  • https://www.aktion-agrar.de machen sich zum Beispiel stark für eine bäuerliche ökologisch verträgliche Landwirtschaft)

  • Und alle die eine Kantine führen, tun Gutes für sich, MitarbeiterInnen, Kunden und Kundinnen, wenn sie auch bio-regionale Lebensmittel mit in´s Menü aufnehmen.


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